Immer weniger Kinder, Landflucht, vielfältige Freizeitangebote oder die Ganztagsschule – viele ländliche Vereine verlieren Mitglieder. Dazu finden sich kaum noch Spieler wie Annika Wünsche, die sich auch im Verein engagieren. Annika kennt ihr vielleicht auch schon von unserer Startseite oder aus der Juli-Ausgabe des Magazins „tischtennis“. 

Annika Wünsche begann mit acht Jahren das Tischtennis spielen in ihrem Heimatverein TuS Osterburg Weida in Ostthüringen. Mit 14 betreute sie für ihren Verein bereits eine Kooperation mit einer örtlichen Schule, mit 15 Jahren engagierte sie sich als Jugendleiterin, dann auch als Trainerin und Betreuerin der kleinen TT-Asse. Heute ist sie 23, studiert Betriebswirtschaftslehre in Magdeburg – rund 200 Kilometer von Weida entfernt. Für ihren Verein engagiert sie sich immer noch. Immer wenn sie am Wochenende oder in den Semesterferien daheim ist, betreut sie die Jugendlichen bei Turnieren und Punktspielen, organisiert und leitet Trainingslager oder kümmert sich um die allgemeine Vereinsarbeit.

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Eine Annika wünschen sich viele Vereine. Die Realität sieht anders aus. In ländlichen Regionen wie Ostthüringen ist es schon schwierig aktive Spielerinnen und Spieler zu finden. Im Nachwuchs spielen die Mädchen bei den Jungen mit, der Damen-Spielbetrieb beginnt erst ab der Thüringenliga. „Wir können bestenfalls in jeder Generation einen Jugendlichen überzeugen, der sagt ‚Ich engagiere mich!‘“, so die BWL-Studentin. „Andere machen mit, verlassen dann aber die Region für eine Ausbildung oder zum Studieren.“ Dass Wünsche die TuS trotz der Entfernung unterstützt, ist für sie selbstverständlich. Sie habe in ihrer Jugend immer von engagierten Leuten im Verein profitiert. So wolle sie etwas zurückgeben. Außerdem mache das Engagement auch einfach viel Spaß. Meistens zumindest: „Manchmal habe ich auch wenig Lust, am Sonntag um halb sieben Uhr aufzustehen und mit den Jungs auf ein Turnier zu fahren.“

Immer weniger Jugendliche, die immer weniger Zeit haben, oft ihren Wohnort wechseln und aus vielen Freizeit- und Sportangeboten wählen können – Gründe für die stetig sinkenden Engagementquoten sind bekannt. Diesem Trend entgegenzuwirken scheint schwierig. Wünsche findet, dass Engagement zuerst wieder mehr anerkannt werden müsse. „Wenn ich erzähle, dass ich mich in meiner freien Zeit ehrenamtlich in meinem Verein engagiere, fragen die Leute schon verwundert, warum ich das überhaupt mache.“

DTTJ-Trainerausbildungen auch in kleineren Orten
Eine Barriere ist auch die Qualifikation. Trainerausbildungen werden vor allem in dünn besiedelten Gebieten kaum angeboten. Ein Trainerschein ist mit zusätzlichen Kosten verbunden, etwa für Seminargebühren oder Verpflegung. Insbesondere kleinere Vereine wollen oder können das nicht bezahlen. Die Kinder- und Jugendtrainerausbildung, die die Deutsche Tischtennis-Jugend (DTTJ) im Rahmen der Engagementinitiative Young Stars in fast jedem Landesverband anbietet, findet gezielt auch in kleineren Orten statt. Sie ist kostenlos und ein perfekter Einstieg als Trainer und Betreuer. Dazu kommen die Wochenendseminare des Juniorteams und die Tage des jungen Engagements, wo sich Jugendliche und junge Erwachsene kostenlos oder -günstig weiterbilden können.

Was Annika Wünsche nach ihrem Studium beruflich macht, weiß sie noch nicht genau. Der TuS Osterburg Weida wird sie treu bleiben: „Ich mag das aktive Vereinsleben und schätze die Menschen dort“, sagt sie. Sowieso sei, so die Thüringerin, eine intakte Vereinsstruktur Voraussetzung für eine erfolgreiche Jugendarbeit. Um das dreiköpfige Betreuerteam zu unterstützen, hat die TuS Osterburg ihre ganz eigene Regelung. Jedes Vereinsmitglied muss im Jahr mindestens acht Stunden ehrenamtlich in der Nachwuchsarbeit helfen. Wer das nicht macht, zahlt alternativ 50 Euro in die Jugendkasse. „Unsere Helferstundenregelung klappt“, freut sich Wünsche. Vielleicht auch für andere Vereine ein Modell der Zukunft. Denn dort, wo sich Menschen engagieren, überleben auch die Vereine.

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