rossi zuschnitt
Jörg Rosskopf hat fast alles erreicht im Tischtennis. Weltmeister im Doppel, Silber und Bronze bei Olympia, zahlreiche Titel bei Europa- und Deutschen Meisterschaften. Seit einigen Jahren ist der Hesse Herren-Nationalcoach und schlägt sich auch hier nicht schlecht. Zwei Olympiamedaillen in London oder Vizeweltmeister im Team 2014 sind nur ein Teil seiner Erfolge als Coach. Aber auch er hat einmal jung angefangen. In unserem Interview erzählt „Rossi“ etwas über seine TT-Anfänge, wie er den Trainerjob in Deutschland sieht und welche Dinge er im Training und Coaching für wichtig hält.

Rossi, erstmal Glückwunsch zur Silbermedaille bei der Team-WM in Tokio. Du warst ja viele Jahre als Spieler sehr erfolgreich, jetzt als Trainer der Herren-Nationalmannschaft. Denkt man da auch an seine eigenen TT-Anfänge und an die ersten Trainer und Betreuer zurück?
Ja mit Sicherheit. Nachdem ich mit vielen von ihnen noch Kontakt habe und mir davon ihnen gerne Ratschläge hole, komme ich da immer wieder zurück zu den Wurzeln. Ich spiele ja auch noch in meinem ursprünglichen Verein DJK Münster (Hessen). Mit Trainern wie Helmut Hampl, Mario Amizic oder Eva Jeler, mit denen ich lange zusammen gearbeitet habe, und die ich oft sehe, tauscht man sich schon auch jetzt noch aus.

Welche Rolle spielen die „ersten“ Trainer und Betreuer?
Ich glaube schon, dass die ersten Trainer und Betreuer eine sehr große Rolle spielen, weil sich in der Altersgruppe 6 bis 12 oft entscheidet, mit welcher Sportart man anfängt und ob man bei dieser dann evtl. später auch bleibt. Wenn sie dann zum Tischtennis gehen und haben einen schlechten Trainer, der keine Lust aufs Training hat, dann merken die Kinder das und haben selbst schnell keine Lust mehr. Das Training muss gemixt sein zwischen Tischtennis und Allgemeinsport und es muss Spaß vermittelt werden.

Young Stars soll das Engagement im Tischtennis von 16- bis 26-Jährigen fördern. Die Engagementquoten sind seit vielen Jahren rückläufig. Warum sind immer weniger bereit, als Trainer oder Betreuer im Verein zu arbeiten?
Ich denke, dass der Job des Trainers nicht genügend wertgeschätzt und in den Medien dargestellt wird. In Asien ist der Trainer die Respektsperson, die einen riesigen Anteil am Erfolg der Mannschaft hat. Bei uns liegt das Augenmerk viel mehr auf dem Spieler und was dieser am Tisch macht. Die fehlende Wertschätzung beginnt oben bei den Profis und kann oft bis zum Übungsleiter in einem kleinen Verein, dem dann vielleicht die Motivation fehlt, herunter gebrochen werden. Es geht nicht darum, dass Trainer im Mittelpunkt stehen, aber ihre Leistung und Anteil am Mannschaftserfolg muss mehr anerkannt werden.

Mal zum Training: Was hat dir selbst am Training immer am meisten gefallen?
Mir hat immer gefallen, dass wir relativ früh auch andere Sportarten im Training eingebaut haben. Durch begrenzte Hallenzeiten ist das heute nicht mehr so einfach, aber ein Trainer sollte auch darauf achten, dass er nicht nur zwei Stunden Tischtennis spielt, sondern auch 10 oder 15 Minuten etwas anderes macht, um den Spaß am Training zu erhöhen. Damit kann man auch gar nicht früh genug anfangen. Kinder sehen in diesem Alter ja noch gar nicht, dass auch der Gesamtkörper betrachtet werden muss: Staffeltraining, gezieltes Aufwärmtraining oder einfach mal eine kleine Konditionseinheit, indem man mit den Kindern draußen eine Runde läuft. Da sind auch andere Sportarten besser aufgestellt. Mein Sohn macht mit 8 Jahren schon Koordinationsübungen beim Fußballtraining. Je früher solche Dinge gelernt werden, desto einfacher fällt es einem dann später.

Spaß am Training und auch den Blick auf den gesamten Körper hast du als Trainingstipps jetzt genannt.Was macht noch für die ein attraktives aber auch effektives Training aus?
Spaß und Abwechslung sind auch so wichtig, weil Tischtennistraining sehr monoton sein kann, wenn Spielzüge oder Übungen ständig wiederholt werden. Deswegen im Anschluss immer eine Runde Fußball, Basketball, Hockey oder ähnliches spielen.
Wichtig ist auch den Kindern die Erfolgserlebnisse zu geben und über Niederlagen zu sprechen. Der Trainer muss bestimmte Werte wie Gewissenhaftigkeit oder Pünktlichkeit vorleben und darauf achten, in der großen Gemeinschaft alle gleich zu behandeln – auch wenn der eine vielleicht vom Talent herausragt. Denn alleine kann keiner nach vorne gebracht werden, es muss in der Gruppe gearbeitet werden.

Haben die Profis manchmal auch keinen Lust aufs Training?
Ja, sie haben manchmal auch keine Lust. Dann ist es Aufgabe des Trainers darauf zu reagieren. Wenn die Konzentration nicht so da ist, lasse ich einfachere und spaßbetontere Übungen spielen. Insgesamt versuchen wir immer, die schwierigen Übungen am Anfang zu machen, wenn die Konzentration noch am größten ist. Aber man muss auch abwägen – gerade Kinder müssen auch den Willen entwickeln, sich durchzubeißen, auch wenn es an diesem Tag nicht läuft. Wenn man immer sagt: „Ich habe heute keine Lust, ich höre auf“, kommt man nicht voran.

Wie coacht du deine Spieler im Match?
Wichtig ist in der Minute, die dem Coach beim Satzwechsel zur Verfügung steht, nach vorne zu blicken – nicht zurück. In dieser Situation nützt es nichts, technische Dinge oder Fehler anzusprechen. Eigentlich sind es drei Sachen, die man seinem Spieler mitgeben sollte: Zunächst den Spieler etwas beruhigen, schließlich ist er oft viel nervöser als der Trainer. Dann ein bis zwei taktische Sachen anmerken und schlussendlich motivieren. Eine ausführliche Analyse sollte dann nach dem Spiel folgen.

Und wenn ein Spiel verloren geht?
Klar, es gibt Siege und Niederlagen. Die Spieler müssen einfach mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben und auch wenn Spiele verloren gehen immer weiter an sich und ihren Möglichkeiten arbeiten. Niederlagen gehören dazu und werden gleich einen Tag später aufgearbeitet, z.B. mit Videoanalysen.

Nutzen Videoanalysen auch im Amateur- und Jugendbereich?
Natürlich. Der Fortschritt der Spieler wird sehr gut erkennbar. Zum Beispiel ist es sinnvoll, in der Vorbereitung die Vorhand eines Spielers mit einer Videoaufnahme zu analysieren und sich zum Ziel setzen, dass die Vorhand in einem halben Jahr auf einem bestimmte, höheren Level ist. Generell sollten im Jugendbereich mehr und mehr Dinge wie Videoanalyse oder Trainingspläne eingesetzt werden. In Zeiten von Tablets und Kameras ist das auch technisch heute kein Problem mehr.

Was gibt’s du unseren jungen Engagierten mit auf ihren Weg als Trainer & Betreuer?
Wie bereits gesagt, für mich als Nationaltrainer ist entscheidend, welche Spieler aus den Vereinen und Verbänden kommen. Ein Nationaltrainer kann ohne Vereinstrainer nicht arbeiten.

Rossi, vielen Dank!


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